Der Krise begegnen

„Der Krise begegnen? Ich will doch raus aus der Krise und das so schnell wie möglich.“, werden Sie jetzt vielleicht sagen. Trifft das auf Ihre Gedanken zu?

Heute möchte ich mit Ihnen den Blick auf ein Krisenverständnis werfen, das in der Beratungsarbeit essentiell ist. Für gewöhnlich haben wir es mit persönlichen Krisen zu tun. Sie werden auch schon die ein oder andere Krise durchlebt haben. Vielleicht haben Sie dabei festgestellt, dass Sie durch diese Krise – bei allem Schmerz und aller Erschütterung - gereift und gewachsen sind. Dass Sie sich weiterentwickelt, sich selbst besser kennengelernt und an Stärke dazugewonnen haben.

Sie haben demzufolge bei sich genau das erlebt, was das Wort „Krise“ etymologisch schon mit sich bringt. Krise bedeutet Wendepunkt. In der chinesischen Schrift besteht das Wort Krise aus zwei Zeichen: Das eine Zeichen steht für Gefahr. Das andere Zeichen bedeutet Chance. Daran wird deutlich, dass eine Krise sowohl Gefahren als auch Chancen bereithält. Nicht zuletzt kommt es auf die eigenen Bewältigungsstrategien an, wie wir diesen Wendepunkt erleben. Also, was habe ich alles in meinem psychischen Werkzeugkoffer zur Verfügung, um mit der Überforderung, der Bedrohung und dem Angriff auf meine zentralen Bedürfnisse umzugehen? Denn dies sind Kennzeichen einer echten Krise.

Hilfreich für einen konstruktiven Umgang ist es zunächst, die Krise und damit verbundene Gefühle zu akzeptieren. Das bedeutet: Kann ich sehen, dass Krisen zum Leben dazugehören? Kann ich meine Gefühle zulassen und mit ihnen umgehen? Kann ich akzeptieren, dass es Dinge gibt, die nicht in meiner Macht stehen?

Es ist absolut menschlich, das Unangenehme möglichst schnell weghaben zu wollen. Häufig ist das aber nicht ohne weiteres möglich, wie wir es gerade in diesen Zeiten erleben. Es erfordert einiges, einer Krise mit klarem Verstand und offenen Augen zu begegnen. Anregende Fragen, die Sie sich selbst stellen dürfen, um zu einem konstruktiven Krisenverständnis zu gelangen, können beispielsweise sein: Was lehrt mich die Krise? Und, wenn ich in fünf Jahren auf diese Krise zurückblicken werde, wofür werde ich diese Zeit genutzt haben?

 

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